Orgel in Rimbach
Als die Rimbacher Kirche 1727-1729 erbaut wurde, hatte sie noch keine Orgel.
Die Anschaffung einer Orgel wird 1831 angeregt
Die alte Orgel aus Nieder-Stoll wird gekauft
Die Orgel leidet 1959 an Altersschwäche
Erneuern oder restaurieren?
Das barocke Instrument wird 1961 restauriert
Eine echte Restaurierung!
Disposition der Orgel
Im Quecker Pfarrarchiv befindet sich aber ein Schriftstück, das auf den 29. April 1831 datiert und vom Schlitzer Konsistoriums, also der kirchlichen Verwaltung, an Pfarrvikar Dr. Haupt zu Queck adressiert ist. Friedrich Haupt, geboren am 3. Oktober 1805 zu König, war von 1830 bis 1832 Vikar bei Pfarrer Johann Konrad Unger in Queck. Der vorhandene Brief betrifft die "Die Anschaffung einer Orgel für die Kirche zu Rimbach"
Anschaffung einer Orgel 1831 angeregt
Wahrscheinlich hatte Pfarrvikar Haupt in Schlitz nachgefragt, ob es nicht möglich sei, für die Kirche in Rimbach eine Orgel anzuschaffen. Das Konsistorium unterstützt Pfarrvikar Haupt in seinem Wunsch nach einer Orgel für Rimbach, listet aber allerlei Bedenken auf. So heißt es wörtlich: "Zu wünschen wäre es allerdings, wenn sämtliche Kirchen auch mit Orgeln versehen werden könnten; allein die Gemeinden sind der Regel zu keinen Aufopferungen geneigt, die meisten Kirchen aber zu unvermögend, um den ganzen Aufwand allein tragen zu können; oder wenn es bei einer Kirche, wie die zu Rimbach, möglich wäre, so wird das kirchliche Vermögen erschöpft.... Indessen hat man seit etwa 30 Jahren die sehr schlechte Quecker Orgel zu verbessern gesucht, auch die Oberwegfurther und Hartershäuser Orgeln in bessern Gang gebracht, die Stadtkirchenorgel fast erneut, und in Fraurombach, Bernshausen und Niederstoll neue Orgeln gebaut, immer aber hat man bemerken müssen, dass von Seiten der Gemeinden wenig oder nichts beigetragen worden ist, ja eine derselben wollte sogar den Fuhrlohn für Abholung der neuen Orgel etliche Stunden weit aus dem Kirchenkasten bezahlt verlangen." Das Konsistorium gibt weiter zu bedenken, dass bei der Anschaffung einer Orgel nicht nur der Kaufpreis ausschlaggebend sei, sondern weitere laufende Kosten auf die Kirchengemeinde zukommen würden. (Orgelstimmer, Anstellung eines Organisten usw.) Überhaupt müsse zuerst geklärt werden, wie viel eine Orgel für die Rimbacher Kirche (Manual und Pedal) kosten würde, was die Gemeinde bereit sei an Kosten zu tragen und wer überhaupt in Rimbach die Orgel spielen solle. Von einer Kollekte, die Haupt wohl zur Beschaffung der nötigen Finanzen in seinem Brief vorgeschlagen hatte, "dürfte sich wenig zu versprechen sein und schwerlich würde sie für eine bloße Orgel bewilligt." Der Vorstoß zur Anschaffung einer Orgel blieb also 1831 ohne Erfolg. Pfarrvikar Haupt verließ die Gemeinde und wurde Rektor in Schlitz und Pfarrer zu Fraurombach.
Die Orgel aus Nieder-Stoll wurde 1875 gekauft
Vierundvierzig Jahre nach dieser ersten Anregung zum Kauf einer Orgel, erhielt die Rimbacher Kirche dann tatsächlich ein solches Instrument. Belegen lässt sich diese Tatsache durch folgenden Eintrag in der Pfarrchronik aus dem Jahr 1875: "Am 10. Sonntage p. Trinitatis, als am 1. August, wurde die wiederhergestellte Kirche zu Rimbach eingeweiht. Die Wiederherstellung bestand darin, dass die Decke und die Wände neu angestrichen und der Fußboden neu geplättet wurde. Außerdem erhielt die Kirche neue Emporbühnen und eine Orgel, welche seither in der Kirche gefehlt hatte."
Volker Puthz berichtete in einem Artikel (Schlitzer Bote, 6.6.2000), dass die Orgel in Rimbach aus Nieder-Stoll stammt. Im Stadtarchiv Schlitz (SAS-Rimbach XII, 1,19) befindet sich ein Briefwechsel, dem zu entnehmen ist, dass die Rimbacher Kirchengemeinde 1875 für 360 Taler die defekte und vom Stadtilmer Orgelbauer Adam Eifert reparierte Orgel aus Nieder-Stoll gekauft habe. Die Kirche in Nieder-Stoll hatte 1870 eine neue Orgel erhalten. Gegen den Kauf hatte sich das Großherzogliche Kreisamt in Lauterbach ausgesprochen mit der Bemerkung "weil sie [die gekaufte Orgel] nicht mehr reparaturfähig" wäre, auch hätte sich schon vorher die Gemeinde Unter-Schwarz gegen einen Ankauf dieses Instruments für die Kirche in Ober-Wegfurth ausgesprochen. Da die Kirchengemeinde in Rimbach aber nicht die Genehmigung des Kreisamtes brauchte, konnte sie die Orgel trotzdem erwerben. Der Orgelbauer hatte versprochen, die Orgel nach vollkommenster Zufriedenheit herzustellen und fünf Jahre Garantie zu gewähren.
Die Orgel leidet an 1959 Altersschwäche
Bis 1957 mussten die Rimbacher Konfirmanden in schweißtreibender Arbeit den Blasebalg treten, um der Orgel die nötige Luft zu verschaffen. Die Rimbacher Orgel erhielt dann 1957 einen elektrischen Blasebalg, der oberhalb der Orgel im Aufbau des Dachreiters untergebracht wurde. Die Treteinrichtung und der alte Blasebalg wurde zur Reserve beibehalten. Als das Pfeifenwerk der Orgel 1959 durch den Orgelbauer Georg Nuhn gereinigt wurde, stellte dieser fest, dass "die Manualwindlade dermaßen an Altersschwäche leidet, dass eine weitere Reparatur daran zwecklos ist. Risse, Wurm und dergleichen mehr, ergeben Durchstecher, womit eine klare Stimmung nicht mehr erreicht werden kann." Pfarrer Schwabedissen bemerkt dazu im Mai 1960: "Es ist sehr unangenehm, wenn bei der Liturgie dauern zischende Geräusche zu hören sind, die durch diese wurmstichige Windlade verursacht werden." Im Kirchenvorstandsprotokoll wird Ende 1960 unmissverständlich formuliert: "Die Orgel der Kirche ist in einem Zustande, der nicht länger zu ertragen ist."
Erneuern oder restaurieren
Ein Kostenvoranschlag des Orgelbauers Nuhn sah vor, die Orgel in mehreren Bauabschnitten fast gänzlich zu erneuern. Die Kosten sollten sich auf 3.256.- DM belaufen. Dabei sollte zuerst die Manualwindlade ersetzt werden und die Orgel eine neue Traktur und neue Registerzüge erhalten. Alle alten Pfeifen sollten auf die neue Lade aufgepasst werden. Der Orgelsachverständige der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Hanns Brendel, urteilt über dieses Sanierungskonzept: "Ginge man auf diesen Plan ein, so entstünde nach und nach hinter dem schönen Barockprospekt ein völlig neues Werk, das keinen Anspruch mehr erheben könnte, als barockes Instrument zu gelten.... Das Barockgehäuse mit dem prachtvollen vergoldeten Schnitzwerk ist so organisch in die Brüstung der hinteren Mittelempore der Rimbacher Kirche eingefügt und ist sogar jetzt, obwohl nach links verzogen und mit dem verbeulten Zinkprospekt, ein Schmuckstück der Kirche." Brendel schlägt deshalb vor, die Windladen nicht zu erneuern, sondern zu sanieren. Die vorhandenen Pfeifen Bordun 8", Salicional 8" und Subbaß 16" sollten weiterhin verwendet werden. Die Orgel sollte aber wieder einen Zinnprospekt erhalten und durch folgende neue Register ergänzt werden: Prinzipal 4", Gemshorn 4" (oder Gedackt 4", Oktav 2", Mixtur 3 fach.
In seinem Gutachten kommt Brendel zu dem Schluss: "Eine solche Restaurierung eine reizvolle Aufgabe für jeden guten Orgelbauer würde der Gemeinde ein wertvolles Instrument mit langer Lebensdauer sichern. Allerdings dürften die Kosten der Wiederherstellungsarbeiten von einem Neubau nicht weit entfernt sein."
Das barocke Instrument wird 1961 restauriert
Der Kirchenvorstand verhandelt im August 1960 zunächst mit dem Orgelbauer Georg Nuhn. Dieser lehnt aber die aufwendige Restaurierung als "Flickwerk" ab und spricht sich nochmals für eine gründliche Erneuerung des Orgelwerkes aus. Durch Empfehlung von Hans Nuhn, dem Bruder des uneinsichtigen Niederaulaer Orgelbauers, wurde zwischen der Kirchengemeinde und der Orgelwerkstatt Hoffmann, Ostheim v. d. Rhön, ein erster Kontakt hergestellt, der dazu führte, dass im September ein Kostenvoranschlag vorgelegt wird. Die Firma Hoffmann bietet für 5.830.- DM genau die Arbeiten an, die der Orgelsachverständige Brendel sich vorgestellt hatte. Zwar wird auch hier zunächst festgestellt, dass sich das "kleine altehrwürdige Werk in einem sehr ruinösen Zustand" befinde, aber es "zeigt sich beim Spielen noch heute, dass dieses Werk ursprünglich einen edlen und charakteristischen Klang habe. Darum lohnt es sich, diese Barockorgel in geduldiger, liebevoller Kleinarbeit zu restaurieren, neue Teile im Sinne des ursprünglichen Baugedankens zu fertigen."
Der Orgelsachverständige nimmt "mit großer Freude" Kenntnis von dem neuen Angebot. Wenn der Orgelbauer "alles ausführt, wie er schreibt, dann wird die Orgel im Sinne des ursprünglichen Baugedankens wertvoll wiederhergestellt. Die gesamte Restaurierung für knapp DM 6.000.- dürfte konkurrenzlos kalkuliert sein."
Am 29. November 1960 beschließt der Rimbacher Kirchenvorstand: "Der Fa. Markert-Hoffmann, Ostheim v. d. Rhön, wird der Auftrag zur Instandsetzung der Orgel erteilt." Die Rimbacher Orgel wurde am Freitag, dem 13. Januar 1961 abgebaut und in die Ostheimer Orgelwerkstatt gebracht. Die Restaurierungsarbeiten konnten am 3. Juli 1961 abgeschlossen werden.
In einem feierlichen Gottesdienst am 30. Juli 1961, erklang die restaurierte Orgel mit dem Choral "Wachet auf, ruft uns die Stimme" wieder an ihrem alten Platz auf der Empore in der Rimbacher Kirche. In seiner Festpredigt gab Pfarrer Schwabedissen der Freude Ausdruck, dass die Gemeinde nun ihr längst gehegtes Ziel erreicht habe, eine erneuerte Orgel zu besitzen. Kritisch gegenüber dem musikalischen Zeitgeschmack bemerkte der Pfarrer: "Die Orgel zu erneuern war nicht weniger eine Herzensangelegenheit in unserer Zeit des tonalen Missklangs einer gewissen modernen Musik. Das Beruhigende sei nur, dass die Orgel Bach, Beethoven, Mozart und alle klassischen Kirchenmusiker noch spielen werde, wenn die Disharmonie im heutigen Musikleben längst vergessen sein wird. "
Eine echte Restaurierung
Der Orgelsachverständige Hanns Brendel, der die Restaurierung der Rimbacher Orgel initiiert und sachkundig begleitet hat, untersucht die Orgel am 3. Januar 1963 und nochmals ein Jahr später am 3. Januar 1964. In seinem Abnahmegutachten bestätigt er dem Orgelbauer und der Kirchengemeinde die "wohlgelungene Arbeit". Der Orgelbauer Hoffmann habe "die kleine Orgel nicht nur mit solidem handwerklichen Können und künstlerischem Einfühlungsvermögen, sondern auch mit rechter Liebe aus ihrem verwahrlosten Zustand in ein hochwertiges und wohlklingendes Instrument verwandelt."
Der Orgelsachverständige schließt 1964 seinen Abnahmebericht mit dem folgenden Wunsch: "Möge die Orgel recht lange zur Ehre Gottes und zur Erbauung der Gemeinde dienen."
(recherchiert von Pfarrer Pierre Bouvain)